Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes für den Rettungsfonds ESM ist nicht ohne Tücken gewesen. Die Haftungsobergrenze des neuen Rettungsschirms müsse völkerrechtlich verbindlich abgesichert werden, legten die fünf Richter fest. Das heißt, dass ohne Zustimmung des Bundestages kein Euro zusätzlich bewilligt werden darf. Das Urteil interpretierten manche Journalisten als schallende Ohrfeige gegen das eigenmächtige Vorgehen der EZB. Allerdings existieren nun zwei Mechanismen für die Rettung der Eurozone. Der Finanzmarkt reagierte prompt mit Kurssteigerungen, und auch der Dax legte zu.
Mehr Zeit gekauft
Jedoch sind nicht alle der Meinung, dass der ESM eine Problemlösung sei. Beispielsweise sagte Prof. Hans-Peter Burghof im Interview des Focus, dass mit dem ESM das Problem nur aufgeschoben oder wörtlich „nur Zeit gekauft“ werde. Die Krisenländer würden die gewonnene Zeit nicht dafür nutzen, um effektive Reformen umzusetzen. Es werde nicht genug Druck auf sie ausgeübt. Die EZB sei außer Kontrolle geraten, stellte der Professor weiter fest. Es sei nicht die Aufgabe der EZB, den Euro zu retten. Sie sei ein „Instrument zum Vermögenstransfer zwischen europäischen Staaten“ mit dem Auftrag zur Sicherung der Geldwertstabilität.
Politisches Mittel der Euro-Mitgliedsstaaten
Falls sich innerhalb von Europa inflationäre Tendenzen entwickeln würden, wäre die EZB nicht mehr handlungsfähig, um dagegen zu steuern, führte der Prof. Burghof aus. Denn dann müsse sie die Zinsen deutlich erhöhen. Das wäre jetzt aber nicht mehr möglich, weil sie durch den Aufkauf von Staatsanleihen auf einem Risiko von hunderten Milliarden Euro sitzt. Sie habe die Kreditrisiken von mehreren Staaten übernommen und sei auch nicht mehr unabhängig. Der ESM jedoch wird von allen Mitgliedsstaaten als das politische Mittel gesehen, das die europäische Gemeinschaft zusammenschweißt und die schwächeren Mitgliedsländer mitfinanziert.